Der geplante Tideanschluss aus der Wahrnehmung eines Anliegers

Machbarkeitsstudie über die Dove-Elbe als Tidengewässer

 

Im Jahre 1952 wurde die Dove-Elbe zusammen mit der Gose-Elbe durch eine Schleuse und durch ein Wehr in Tatenberg von der Norderelbe abgetrennt. Aus­gehend von dem vernünftigen Gedanken, dass diese Gewässer nun nicht mehr den Gefahren einer Flut ausgesetzt würden, hatte man die  Krapphof-Schleuse erhalten, aber die Neuengammer Schleuse geöffnet. Der Schifffahrtsweg war nun ab Tatenberg frei bis hinter Curslack zum Neuengammer Kanal.

 

Dies nun nicht mehr tidenabhängige Revier bot sich für den Wassersport der Kanuten, Segler, Motorbootfahrer und Ruderer direkt an. Direkt neben der Krapphofschleuse entstand das Bootshaus der zum Ruder-Club Bergedorf  fusionierten beiden Bergedorfer Rudervereine. Um die Ecke baute die Schulbe­hörde ein Bootshaus für die Ruderschüler Bergedorfs und der Vierlande. In die Tatenberger Richtung errichtete der Kanuclub Bergedorf sein Bootshaus. Nach und nach entstanden an der Dove-Elbe Motorbootclubs und Bootswerften. An der Gose-Elbe etablierte sich der Bootsverleih der Firma Paddel-Meyer. Für die Ruderer und Kanuten wurde ab 1981 ein Leistungszentrum aufgebaut, angeglie­dert dazu die Regattabahn mit Albanosystem, die internationalen Maßstäben ge­nügen konnte. Einige Deutsche Meisterschaften und Weltmeisterschaften, World-Cup-Regatten verschiedener Altersstufen hat es in den Jahrzehnten auf der Regattastrecke des AAC/NRB gegeben.

 

Wer auf diesem Revier der Dove-Elbe mit stehendem Wasser je gerudert hat, wird den Reiz dieser Landschaft erfahren haben. Rundum grün, mit etwas Baumbestand an beiden Ufern, mit Viehweiden für Pferde und Rinder bot sich eine erholsame Flusslandschaft an. In Richtung Neuengamme stehen Gewächshäuser für Blumen und Gemüse im Vorland.

Auf der Außenseite der alten Deiche konnten Häuser an beiden Flussufern ge­baut werden. Die Deiche wurden zwar erhalten, aber mussten nicht mehr erhöht werden wie die großen Kampfdeiche an der Norderelbe. In Bergedorf entstand eine über die Jahre erfolgreich ausgebaute Schifffahrtslinie mit mittlerweile vier großen Motorschiffen für die Wassertouristik und dort wurden Binnenschiffer ausgebildet.

 

Von der Tatenberger Schleuse bis zur sogenannten Spadenländer Ecke, der Einmündung in die Norderelbe, lagerte sich wie in zahlreichen Ecken des Hamburger Hafens jede Menge Schlick ab. Hier sammeln sich Sinkstoffe der tidenabhängigen Elbe und bilden sich Sand- und Schlickbänke, die besonders bei Ebbe die Fahrrinne erheblich einengen. Da haben sowohl vor dem Zollkanal als auch vor der Ernst-August-Schleuse in Wilhelmsburg Ruderboote aufgesetzt und die Mannschaften mussten Stunden warten bis die Flut wiederkam. Die Freie und Hansestadt Hamburg hatte damit ein großes Problem bekommen, weil sich die Schlickabla­gerungen auch in den Nebenarmen der Unterelbe und in den Yachthäfen stetig vergrößerten. Es gab Auseinandersetzungen darüber, wer diese Schlickfelder abbaggern und abtransportieren sollte.

 

Also bekamen Ingenieure der Behörde von Umweltschutz und Stadtentwicklung den Auftrag, Wege zu finden, um diese Ablagerungen zu ver­meiden. Es wurde eine Arbeitsge-meinschaft Tidenelbe gegründet, die diese Re­gionen untersuchen und Machbarkeitsstudien erstellen sollte. Anfang Februar lud dies Gremium nun die Anlieger der beiden Flussläufe Gose- und Dove-Elbe zu einer Versammlung ein und stellte dem staunenden Publikum vor, wie die Dove- und Gose-Elbe an die Tidenelbe angeschlossen werden sollten. Das Ziel sei es, die Flussgeschwindigkeit der Norderelbe dadurch zu erhöhen, dass man die Flut durch Öffnen der Tatenberger Schleuse hineinließe, und dass die bei abfließender Ebbe angesammelten Wassermengen beim Herausfließen helfen sollen, die Sinkstoffe mitzuziehen.

 

Die Wassersportler, die Ruderer besonders, die Anwohner, die Blumengärtner äußerten danach ihren Unmut weil hier ihr Flussrevier stark beschädigt oder wenigstens eingeschränkt werden sollte. Der Ruderbetrieb wäre sowohl beim Ruder-Club Bergedorf während der Ebbe nicht durchführbar, als auch die Nutzung der Regattaanlage in Allermöhe für Trai­nings und Wettkämpfe könnte man komplet vergessen.

Das Hamburger Sportamt in der Innenbehörde, welches über Jahrzehnte mit Millioneninvestitionen den Ausbau des Leistungszentrums und der Regattabahn finanziert hatte, war über die Planungen der Behörde für Umwelt und Entwick­lung in keiner Weise vorab informiert worden.

 

Die geladenen Gäste, unter ihnen auch der Bezirksamtsleiter, äußerten sich vor dem Fernsehen und vor den Journalisten mit heftiger Kritik an diesen unausgegorenen Ideen. In der Bergedorfer Zeitung wurde der kritischen Darstellung Raum gegeben, ebenso in einem Filmbeitrag im Regionalfernsehen, dem Hamburg-Journal. Der politisch als nächstes Gremium zuständige Regionalausschuss stimmte ganz klar gegen dies Projekt und forderte, die Machbarkeitsstudie nicht weiter zu erstellen, weil das rausge­schmissenes Geld sei. Hier würden gewachsene Strukturen gefährdet und großer Schaden angerichtet, wenn man die Dove- und Gose-Elbe dem Tideneinfluss aussetzen wollte.

 

Nach dieser Anhörung werden die Ruderer – dh der AAC/NRB als Landesruderverband und Anlieger –  mit repräsentiert sein im Forum der AG Tidenelbe und damit ihren Interessen Nachdruck verleihen können. Diese Arbeitsgemeinschaft Tidenelbe wurde eingerichtet zwischen den Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg, hat ihre Geschäftsstelle in Hamburg bei der Behörde für Umwelt und Energie. Inzwischen hat sich auch das Sportamt in der Innenbehörde mit der Thematik befasst und der politisch verantwortliche Innensenator wurde informiert, dass da etwas unkoordiniert ab­läuft. Ebenfalls haben sich der Hamburger Sportbund und der Deutsche Ruderverband eingeklinkt, weil es ja um die Zukunft der wichtigen Regatta­strecke Dove-Elbe geht. Im April oder Mai wird ein weiteres politisches Gremium mit der Frage der Machbarkeit befasst sein.

 

Und was war im April aus der Hamburger Bürgerschaft zu hören – die Mach­barkeitsstudie soll nicht sofort eingestellt werden! Einfach unglaublich!!! Was machen die beiden Regierungsparteien SPD und „Die Grünen“ mit den Vier- und Marschlanden aktuell ???

 

Hans-Heinrich Busse, Hamburg-Billwerder, Februar/April 2019

(pensionierter GHR Lehrer, Rudersportler seit 1962, Mitglied in der Rudergesellschaft Hansa Hamburg und im Ruder-Club Bergedorf)

 

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